Was oder, genauer, wer ist ein People Pleaser? People Pleasing ist ein Verhaltensmuster, das durch verschiedene Ursachen entstehen und sich in der Persönlichkeitsstruktur verankern kann. Zur Einordnung: People Pleaser sind für mich im Verhalten so ziemlich das Gegenteil von Narzissten. Sie stellen die Bedürfnisse anderer über ihre eigenen, fühlen sich für andere verantwortlich und verlieren dabei den Bezug zu sich selbst. Oft sind sie extrem hart zu sich und jagen einer Perfektion hinterher, die sie nie erreichen können. Sie tun alles in ihrer Macht Stehende, um ihr Gegenüber glücklich zu machen. Ihre gesamte Energie wird darauf verwendet, Stimmungen, Körperhaltungen und Worte zu interpretieren, um auszuschließen, dass sie durch ihr Verhalten jemanden enttäuscht, traurig oder wütend gemacht haben könnten. Schon der bloße Verdacht führt zu immensen Schuldgefühlen und dem Drang, alles wiedergutzumachen. Im schlimmsten Fall entwickeln sich daraus tiefe Selbstzweifel und die Angst, Beziehungen könnten daran zerbrechen. Solche Menschen sind oft manipulierbarer als andere und haben Schwierigkeiten, „Nein“ zu sagen. Menschen fühlen sich in ihrer Gegenwart gesehen und wertgeschätzt. Sie tragen zur Harmonie in Gruppendynamiken bei und handeln stets mit guten Absichten. Im Gegensatz dazu stellt der Narzisst konsequent das Eigenwohl über das der anderen und agiert oft ohne Empathie. Diese beiden Extreme sind wie zwei Seiten derselben Medaille: Das Streben, anderen zu gefallen und Harmonie herzustellen, ist die Selbstaufgabe, die sich der People Pleaser auferlegt. Auf der anderen Seite sucht der Narzisst durch Selbsterhöhung und das Streben, im Mittelpunkt zu stehen, ebenfalls nach äußerer Bestätigung. Beide Muster entspringen demselben inneren Antrieb: die eigene Unsicherheit durch die Anerkennung von außen zu beruhigen.
Wie entwickelt sich ein derart stark ausgeprägtes Verhalten? Dafür gibt es verschiedene Ursachen. In Kriegszeiten zum Beispiel war es eine Taktik, die eigene Meinung zurückzuhalten und möglichst unauffällig zu bleiben. Wurden solche Mechanismen nicht aufgearbeitet, können sie über Generationen weitergegeben werden und sich dann heute durch ein extrem angepasstes Verhalten äußern. Eine weitere Ursache kann im Kindesalter liegen: In einer Umgebung mit aggressiven oder cholerischen Elternteilen kann es hilfreich gewesen sein, deren Bedürfnisse zu erfüllen, um deren Ausbrüche zu minimieren. Ein klassischer Auslöser ist zudem die Erziehung nach dem Leistungsprinzip – das Kind erfährt Liebe und Zuneigung erst nach einer erbrachten Leistung. Solche Muster ziehen sich oft bis ins Erwachsenenleben und werden häufig durch strenge Lehrer, egozentrische Vorgesetzte oder narzisstische Partner verstärkt.
Ich selbst litt extrem unter meinem People-Pleaser-Verhalten. Ich versuchte es wortwörtlich jedem recht zu machen. Für mich war es normal, immer die beste Lösung für alle herauszuarbeiten. Ich fand mich in allen möglichen Rollen wieder, immer in der, die meiner Meinung nach die Gruppe gerade brauchte. Ich konnte still sein und zuhören, hervortreten und Anweisungen geben, als Therapeut fungieren und im nächsten Moment der Animateur sein. Ich dachte wirklich, das wäre „ich“. Zwar ist es durchaus eine Fähigkeit, wahrnehmen zu können, welche Bedürfnisse das Umfeld hat, doch mir war nicht bewusst, dass ich meine eigenen Bedürfnisse nicht mehr wahrnehmen konnte, weil ich so mit denen der anderen beschäftigt war. Bei direkten „Ja/Nein“-Fragen sagte ich automatisch „Ja“ – ein „Nein“ kam für mich nicht infrage, die absurde Angst, jemandem „auf den Schlips zu treten“, war viel zu groß. In einem Gewissenskonflikt empfand ich Schuld und Schmerz oft fast unerträglich; am liebsten hätte ich mich „zerreißen“ wollen. Mit der Zeit wurde das Verhalten immer extremer: Ich traute mir keinen Job mehr zu, weil ich ständig daran zweifelte, ob ich professionell genug sei. Ich ging nie unvorbereitet in ein Gespräch, aus Angst, die Erwartungen nicht zu erfüllen. Selbst privat empfing ich nie spontan Gäste und ging nicht vor die Tür, wenn ich in schlechter Verfassung war – immer kontrolliert und bedacht auf meine Außenwirkung.
Ich denke, wir sind uns einig, wenn ich sage: Man wird es nie jedem recht machen und auch nicht jedem gefallen können. Das zeigt, wie absurd das Streben danach ist. Aber wie gelingt es, das People Pleasing zu stoppen? In aller erster Linie ist es wichtig zu erkennen, dass es sich um einen Schutzmechanismus handelt. Er ist nicht zufällig entstanden und er ist da, um dich zu schützen. Ich habe aber auch erkannt, dass ein extremes Verhalten dazu führen kann, dass eine bestimmte Seite in uns nicht ausgelebt wird. Der People Pleaser und der Narzisst stellen zwei gegensätzliche Ausprägungen dar: Der eine ist zu sehr bei den anderen, der andere zu sehr bei sich selbst. Es geht darum, die Gegensätze auszubalancieren: Einerseits, indem man lernt, für sich selbst einzustehen und sich abzugrenzen, und andererseits, indem man seinem Umfeld Empathie und Unterstützung entgegenbringt. Wie bin ich selbst aus meinem People-Pleaser-Modus herausgekommen? Das Erkennen war der erste Schritt. Ich begann, mein Umfeld zu beobachten und zu reflektieren, bei welchen Personen ich besonders in diese Verhaltensmuster verfiel. Peu à peu reduzierte ich diese Kontakte und intensivierte die Verbindungen zu Menschen, die mein authentisches Selbst förderten. Ein kleiner Life-Hack, der mir durch diesen Prozess half, war die Frage: "Ist ein Ja zu meinem Gegenüber ein Nein zu mir selbst?" In Phasen, in denen ich meine eigenen Bedürfnisse kaum wahrnehmen konnte, war es enorm hilfreich, spontan mit diesem Self-Check-In bei mir anzukommen.
Für mich war es besonders wichtig, mir Zeit zu geben und Entscheidungen nicht vorschnell zu treffen. Um dem äußeren Druck nicht sofort nachzugeben, begann ich, bei Unsicherheiten genau das zu kommunizieren und bat um einen Zeitaufschub. Wenn ich dann spürte, dass ich es nicht fühlte, ging ich in den Austausch und beschrieb offen, was in mir vorging. Früher hätte ich mir eine Ausrede überlegt oder Argumente zurechtgelegt, wenn ich mich aus der Affäre ziehen wollte. Heute habe ich verstanden, dass es vollkommen ausreicht, wenn meine innere Stimme mir klar und deutlich ein „Nein“ vermittelt. Ein hilfreicher Reminder, der mich bis heute davor bewahrt, mich schuldig zu fühlen, ist der Satz: "You cannot pour from an empty cup." Das bedeutet, dass ich zuerst mich selbst versorgen muss, damit ich auf allen Ebenen gestärkt bin und anderen wirklich helfen kann. Das schönste Feedback, das ich erfahren durfte, ist, dass meine Beziehungen dadurch nur noch intensiver, schöner und authentischer wurden. Ausreden und Abwehrstrategien haben sich in klare, ehrliche Aussagen verwandelt, die heute meine Integrität und meinen Selbstwert spiegeln. Ich habe dadurch meinem System bewiesen, dass ich die Menschen, die wirklich zu mir passen, niemals verliere, wenn ich authentisch bin. Also: Habe keine Angst! Denn für jeden Menschen, der dich auf deinem Weg verlässt, wird ein neuer Platz geschaffen. Indem du dich dem Prozess hingibst, kreierst du automatisch ein Umfeld, das deinen Werten und Bedürfnissen entspricht.